Aerodynamik ist nur etwas für ProfiathletInnen? Weit gefehlt. Einfaches Wissen über Aerodynamik steigert den Spassfaktor für alle TriathletInnen und VelofahrerInnen. Hier geben wir dir einige Tipps aus einem Windkanaltest mit vier Teamathleten (dieser Artikel wurde mit aktuellen, teilweise überraschenden Ergebnissen 2023 aufdatiert).

Die Team Rider Daniela Schwarz und Angel Hess erhielten im Sommer 2022 von Swiss Side die einmalige Gelegenheit, mit dem Aerodynamiker schlechthin, Jean-Paul Ballard (seines Zeichens CEO von Swiss Side), im Windkanal bei Airbus in der Nähe von Friedrichshafen ihr Setting zu testen. Während Daniela mit ihrem Triathlonvelo und der entsprechenden Ausrüstung testete, wollte es Angel mit dem normalen Strassenrad wissen. Die Ergebnisse waren sehr aufschlussreich, bei beiden.
Update: Im Frühsommer 2023 konnten wir weitere Tests absolvieren, im selben Windkanal mit derselben Crew von Swiss Side. Dieses Mal waren Tempo Sport Geschäftsführer Marcel Kamm mit dem Triathlon-/Zeitfahrvelo und Werkstatt-Mitarbeiter Lorenzo Palandri mit dem Strassenvelo dabei. Diese Ergebnisse sind entsprechend markiert als Ergänzung unten im Text enthalten. Sie beinhalten weitere interessante Materialmessungen wie Aero-Calfs, der Vergleich Tri- zu Zeitfahranzug, Aerohelm mit Brille vs. Visor, Auswirkungen eines Windgilets bei der Triathlonmessung sowie beim Strassenvelo die Auswirkungen von Helmen und vor allem die Effekte der neuen „Mode-Welle“ von nach innen gerichteten Hoods. Du wirst von gewissen Ergebnissen erstaunt sein!

Triathlon: Bekleidung wichtiger als gedacht

Bei Daniela konnten durch Anpassungen an der Sitzposition nochmals mehrere Watt eingespart werden. So weit so gut. Viel erstaunlicher waren aber einige andere Messungen. Allen voran die Kleiderwahl. Denn die Umstellung von einem ärmellosen Triathloneinteiler auf das Topmodell von Castelli mit kurzen Ärmeln brachte knapp 20 Watt Ersparnis. Interessant aber auch eine andere Messung: Es machte praktisch keinen Unterschied, ob Daniela lange (Kompressions-) oder kurze oder keine Socken trug, auch nicht, ob sie mit der am Lenker montierten Trinkflasche (Xlab Torpedo) fuhr oder nicht. Das sind Good News für alle LangdistanzathletInnen, welche auf genau diese Ausrüstungsgegenstände setzen und somit keinen Nachteil erleiden. Die 2023 neu aufgetauchten Aerocalfs hingegen haben einen positiven Effekt. Details dazu beim Update unten.

Messungen Daniela 2022: Zwischen dem schlechtesten (rot umrandet) und besten Setting (grün umrandet) liegen rund 30 Watt Unterschied. 20 Watt alleine macht der Triathlonanzug aus.

Update Sommer 2023

Bei der neuen Messung mit Triathlonsetting ergaben sich kurz zusammengefasst folgende (teilweise überraschende) ergänzende Ergebnisse:
– Der PR Suit (Triathloneinteiler von Castelli, der auch bei der Messung von Daniela deutliche Vorteile brachte) ist sogar noch etwas aerodynamischer als der langarmige Zeitfahranzug von Castelli (8 Watt)
– Die neuen Aerocalfs, welche keine Kompression bringen sondern nur aus aerodynamischen Gründen getragen werden (bei vielen Profis zurzeit schwer im Trend) bringen bei Marcel rund 2 Watt Vorteil (herkömmliche Kompressionscalfs einen Nachteil von 2 Watt). Aero-Schuhüberzüge (die neuen von Castelli) bringen 3 zusätzliche Watt Ersparnis.
– Der Aerohelm („Mistral“ von Kask) ist mit oder ohne Visier oder auch mit Sonnenbrille stets im selben Wattbereich. Es spielt also keine Rolle, ob du mit Visier oder Sonnenbrille fährst. Das bestätigen gemäss Swiss Side auch viele andere Messungen mit anderen Modellen.
– Die Kopfhaltung ist entscheidend: Den Kopf etwas „einziehen“ bringt bis zu 17 Watt Vorteil. Es lohnt sich also, mit einem Helm wie dem Mistral, den Kopf tief zu halten, so oft es geht.
– Nun der Knaller, zu einer sehr selten gemachten aber umso spannenderen Messung: Was macht bei 45 km/h das Tragen einer (eng anliegenden,leichten) Castelli-Windweste aus? Rat mal! Sie macht praktisch nichts aus! Ganze 2 Watt langsamer ist es mit der Windweste. Da haben sogar die Experten gestaunt, die Messung wurde deshalb mehrmals wiederholt, immer mit demselben Ergebnis. Mögliche Erklärung: Das Material lässt vorne den Wind nicht durch und gewinnt so an Aerodynamik, welche durch das leichte Flattern des Materials knapp wieder kompensiert wird. Beim nächsten Wettkampf bei nasskalten Verhältnissen darfst du also getrost auf die Windweste zurückgreifen (aber sie muss vollständig geschlossen sein und eng anliegen!).

Testsetting Sommer 2023 mit Marcel Kamm. Auswirkungen von Visier, Aerosocken sowie Kopfhaltung als ergänzende Messungen zum Vortest mit Daniela.

Also liebe HobbytriathletInnen da draussen: Wenn ihr nochmals massiv Watt sparen wollt, dann achtet besonders auf eure Bekleidung, die Kopfhaltung und als Optimierung die Aero-Calfs.

Eine aufrechte Haltung auf dem Rennvelo ist der reinste Bremsfallschirm

Welches ist die aerodynamischste Sitzposition auf dem Rennvelo? Unser Mitarbeiter und Teamfahrer Angel hat es 2022 getestet. Nicht ganz überraschend sind die beiden Positionen „Hände oben auf den Bremsgriffen mit tiefen Ellbogen“ sowie die „simulierte Zeitfahrposition“ (von der UCI in Velorennen verboten) die beiden aerodynamischsten Positionen. Was aber überrascht, ist die Ersparnis an Watt. Satte 112 Watt (sowie 120 Watt bei der „Zeitfahrposition“) können so gegenüber der Lenkerobenhaltung eingespart werden. Zwar ist die Messung bei 45 km/h erfolgt, aber die Einsparung dürfte auch bei geringeren Tempi signifikant sein. Und nicht vergessen: Mit Gegenwind oder leicht abfallenden Strecken wird der Luftwiderstand auch für langsamere FahrerInnen zum Thema.

Zwischen der besten (grün) und schlechtesten (rot) Position liegen 120 Watt Unterschied. Auch Position 524.6, welche etwas weniger radikal ist, bringt noch 112 Watt Ersparnis. Position 524.4 ist aufgrund des tieferen Oberkörpers und der angewinkelten Ellbogen deutlich besser als 524.3.

Update Sommer 2023

Lorenzo hat neben diversen Rennveloeinteilern vor allem auch die Sitzposition getestet. Hier das Fazit:

– Schnellster Race-Einteiler (Veloversion) bringt gegenüber Trikot/Hose (Aerorace von Castelli) über 17 Watt Vorteil!
– Aerohelm Utopia von Kask ist gegenüber Protone von Kask knapp 5 Watt effizienter.
– Nun die Haupterkenntnis: Nach innen gerichtete Bremsgriffe (Hoods) bringen dank deutlicher Auswirkung auf die Position des Oberkörpers (nach innen gerichtete Schultern, tiefere Kopfhaltung) einen Vorteil von gut 11 Watt. Somit liegen die Profis, welche seit dieser Saison fast alle so fahren, richtig.
Fazit Sommer 2023: Mit Einteiler, Aerohelm und angepasster Position der Bremsgriffe sind locker über 30 Watt herauszuholen. Not bad!

Fazit: Eine windschnittige Position bringt auf dem Rennvelo extrem viel. Und das ganz ohne finanzielle Investitionen. Achte also bei der nächsten Ausfahrt darauf, wie du auf dem Velo sitzst, wenn du aus irgendeinem Grund etwas Energie einsparen möchtest oder dich im Gegenwind möglichst rasch fortbewegen möchtest. Zudem lohnt sich die Überprüfung der Position bezüglich Bremsgriffen: Der neue Trend bei den Profis der nach innen zeigenden Hoods kann deutlich Watt einsparen. Aber dir muss mit dieser Position auch wohl sein! Ein Einteiler und ein Aero-Strassenhelm wie der Kask Utopia bringen weitere substanzielle Vorteile.

Fazit

Den TriathletInnen ist (im Wettkampf) jede Wattersparnis willkommen. Neben den üblichen Massnahmen wie Triathlonlenker, Laufräder, Helm ist vor allem auch die Bekleidung entscheidend. Zudem als Update: Kopfhaltung und Schuhüberzüge/Aerocalfs. Solche Ersparnisse sind immer interessant, ob man nun ambitioniert ist oder nicht. Denn wer verschwendet schon gerne (im Wettkampf) unnötig Energie?

Die Gümmelerfraktion kann vor allem über die Sitzposition viel an Energie einsparen. Das ist zwar für viele nicht so wichtig, fahren sie doch einfach zum Genuss. Aber gerade in einer Gruppe, bei zermürbendem Gegenwind oder dann im Wettkampf ist es sicherlich von grossem Vorteil, über die Unterschiede der Sitzposition, des Bekleidung inkl. Helm sowie der Ausrichtung der Hoods Bescheid zu wissen. Vor allem die Erkenntnis, dass die Watteinsparungen enorm sein können, öffnet dem einen oder der anderen die Augen. Zusätzliche 100-150 Watt (!) haben oder nicht haben ist hier die Frage 😉

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Marcel Kamm

Autor

Mitinhaber, Geschäftsführer. Verantwortlich für Kommunikation, Trainingsplanung, Seminare. Marcel kümmert sich um alle Belange der Kommunikation, Positionierung, Strategie und Geschäftsentwicklung. Zudem betreut er als erfahrener Coach Athletinnen und Athleten aus Triathlon, Lauf- und Radsport.

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